Der Neue Markt und das Marienviertel. Ein vergessenes Stadtquartier in der historischen Mitte Berlins

Der Neue Markt und das Marienviertel. Ein vergessenes Stadtquartier in der historischen Mitte Berlins


Freitag, 23. Juni 2023 um 18.30 Uhr in der St. Marienkirche

Podiumsdiskussion als Abschluss des ganztägigen Kolloqiums, veranstaltet von der Historischen Kommission zu Berlin e.V.

Wer kennt den Neuen Markt in Berlin noch? Der mittelalterliche Platz aus dem 13. Jahrhundert, der die fernhandelstaugliche Infrastruktur für den Aufstieg Berlins zur Handelsstadt schuf, ist heute nicht mehr präsent. Lediglich die Marienkirche lässt erahnen, dass hier einst zahlreiche Berlinerinnen und Berliner gelebt und gewirkt haben. Als Stadterweiterung ergänzend zum Molkenmarkt geschaffen, befand sich im 13. Jahrhundert im Marienviertel am Hohen Steinweg das erste steinerne Haus. Der Hohe Steinweg, vermutlich Berlins erste gepflasterte Straße, verband den großen und regelmäßig ausgeformten Neuen Markt mit der Oderberger Straße (heute Rathausstraße), die zur Oder (und damit zur Ostsee) führte. Über den Ostseehafen Stettin, aber mehr noch über den Nordseehafen Hamburg, wurden die Berliner Exportwaren (Bauholz und Getreide) europaweit vertrieben. Die Handelsrouten nach Mittel- und Süddeutschland verliefen über den Molkenmarkt und den Mühlendamm sowie über weitere Märkte auf der Cöllner Seite. Auch dank des Neuen Marktes gelangten die Berliner Bürger zu Wohlstand. Die gesamte Frühe Neuzeit hindurch blieb der geräumige, weitläufige und schöne Platz ein Anziehungsort für Händler, Handwerker und Gewerbetreibende.

Neben der wirtschaftlichen Infrastruktur prägten das Marienviertel urbane, gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Funktionen. Während die Marienkirche vom christlichen Glauben zeugt, spiegelte ab 1714 die Alte Synagoge in der Heidereutergasse jüdisches Leben wider. Allerdings waren im 16. Jahrhundert die jüdischen Berlinerinnen und Berliner zwei Mal von Übergriffen betroffen; sie wurden beraubt, ausgewiesen und ermordet, wobei der Neue Markt als Gerichtsort fungierte.

Mit dem Einzug der Moderne veränderte sich um 1890 das Viertel grundlegend, vor allem die Durchlegung der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Karl-Liebknecht-Straße) sowie große Neubauten gaben dem Neuen Markt einen anderen Charakter. Zeitgleich wurde das Martin-Luther-Denkmal errichtet, während die ansässigen jüdischen Hauseigentümer und Kaufleute antisemitisch angegriffen wurden. Sie erlitten in der NS-Zeit unvorstellbares Leid, indem man sie enteignete, vertrieb und ermordete. Im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs versank auch der Neue Markt in Schutt und Asche.

Nach 1945 ging der Neue Markt in einer großen heute noch sichtbaren Freifläche auf und wurde zu einer kleinen Grünfläche umgestaltet.

Das Programm finden Sie hier.

Bitte melden Sie sich bis zum 15. Juni 2023 unter info@hiko-berlin.de an.



Mitwirkende:
Matthias Alexander, Moderation;
Petra Kahlfeld, Christoph Schmidt, Matthias Wemhoff,
Pfarrerin Corinna Zisselsberger